Dienstag, 15. Juli 2014

weltwaerts Abschlussbericht



Abschlussbericht für mein Jahr in Kenia im Happy Home Orphanage in Stella
Jetzt nach etwas mehr als 11 Monaten hier im wunderschönen Kenia ist es schon an der Zeit meinen Abschlussbericht zu schreiben. Denn ich habe tatsächlich nur noch 3 verbleibende Wochen hier in Kenia und in meinem Projekt. Es kommt mir so vor, als hätte ich gerade erst den 6-Monats-Bericht geschrieben, dabei ist das schon über 5 Monate her. Wo ist die Zeit hin? Das zeigt natürlich, wie sehr es mir hier in Kenia und in meinem Projekt gefällt. Die Zeit vergeht einfach wie im Flug seit ich mich hier so eingewöhnt habe, dass alles Alltag und gewohnt ist. 

In den ersten Monaten hat es sich immer sehr surreal angefühlt, wenn mir bewusst wurde, dass ich so weit weg bin von Deutschland und konnte es nicht so richtig glauben, dass ich wirklich in Kenia bin. Über ein Jahr hatte ich mich darauf vorbereitet und mich auf die Ausreise gefreut, und dann war ich plötzlich hier. Mittlerweile ist das natürlich nicht mehr so. Es fühlt sich völlig normal an hier in Kenia zu wohnen und ich fühle mich hier sehr zu Hause. Dinge die mir am Anfang ungewohnt waren, sind für mich jetzt Routine und normal. Vieles fällt mir gar nicht mehr auf oder ich mache es automatisch auch schon so wie die Kenianer. Am Anfang war zum Beispiel das Handeln um die Preise für mich sehr ungewohnt. Mittlerweile kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich in Deutschland dann nicht handeln soll. 

In meinem Projekt habe ich mich sehr gut eingelebt. Es ist ein Waisenhaus in einem kleinen, ländlich gelegenen Dorf an der tansanianischen Grenze. Im Moment leben hier 28 Kinder und 7 Kinder sind auf der Secondary School und deshalb nur in den Ferien hier. Als ich hier ankam wurde mir nicht wirklich gesagt, was meine Aufgaben sind, ich sollte sie mir selbst suchen. Da die Kinder unter der Woche in der Schule sind, gibt es im Heim also im Projekt nicht viel zu tun tagsüber. Deshalb habe ich beschlossen, dass ich auch in der Schule der Kinder unterrichten könnte, die ganz in der Nähe ist. Am Wochenende ist natürlich dafür umso mehr los, da alle Kinder zu Hause sind. Da ich im Projekt wohne bin ich rund um die Uhr hier und kann die Kinder ganz besonders gut in ihrem Leben begleiten. Dass ich dadurch eine 7-Tage-Woche habe, hat mich nicht gestört. Es ist einfach schwer, sich Freiraum zu schaffen, wenn man im Projekt wohnt.

Mein Arbeitstag sah unter der Woche also so aus, dass ich immer um 6 Uhr aufgestanden bin, um den Kindern bei ihrer morgendlichen Arbeit zu helfen. Um sieben Uhr gehen die Kinder dann zur Schule. Bei mir hat sie immer ein bisschen später angefangen, da sie erste Stunde nur Vorbereitung ist. Dann habe ich im Projekt geholfen das Gemüse fürs Mittagessen vorzubereiten und später dann  zu Kochen und die  Arbeiten zu erledigen, die eben anstanden. 
Um 12:40 Uhr kommen die Kids dann zurück ins Happy Home um Mittag zu Essen. Somit hatte ich dann immer dafür zu Sorgen, dass das Essen gerecht verteilt wurde, alle ihr Essen auch wirklich essen und dann richtig abgespült wurde. Um 14 Uhr gehen die Kids dann zurück zum Unterricht und kommen um 17 Uhr wieder zurück. Eigentlich beginnt dann die Arbeit des Freiwilligen in diesem Projekt erst richtig, aber da mir das nicht genug war, habe ich  eben in der Schule angefangen zu assistieren. 
 
Wenn die Kinder aus der Schule zurückkommen müssen sie erst mal ihre Wäsche waschen, Wasser vom Brunnen holen und sich auf den nächsten Tag vorbereiten. Um halb sieben gibt es dann Abendessen, wobei mir wieder die gleichen Aufgaben wie beim Mittagessen zuteil werden. Danach sind 2 Stunden Vorbereitungs- und Hausaufgaben Zeit. Ich unterstütze die Kinder bei Fragen und helfe ihnen vor allem bei den Mathe Aufgaben. Um neun wird dann noch gebetet und gesungen und dann gehen die Kinder ins Bett.

Meine Hauptaufgaben im  Happy Home sind also das Betreuen der Kinder und das Begleiten in den alltäglichen Aufgaben. Außerdem helfe ich bei den Aufgaben die im Projekt anfallen während die Kinder nicht da sind und beim Kochen. Am meisten freue ich mich aber immer auf die Wochenenden, da ich dann viel Kreatives mit den Kindern machen kann. Wir basteln, spielen, singen, tanzen, malen und gehen auf naturewalks. Ich freue mich, dass ich am Wochenende immer einen Ausgleich in den Alltag der Kinder bringen kann, der sonst sehr vom Lernen geprägt ist. Auch habe ich mit den Kindern ein Perlen Projekt angefangen, wir knüpfen Perlenarmbänder, was die Kinder einerseits geistig fordert, andererseits aber auch einfach die Geschicklichkeit fördert und für Entspannung sorgt.

Im Happy Home muss man eigene Ideen einbringen sonst kann es unter Umständen recht langweilig werden.
Als ich im Projekt ankam war ich sehr unsicher und noch recht schüchtern. Das hat sich aber ganz schnell gelegt, ich bin jetzt sehr selbstbewusst im Umgang mit den Kindern und finde immer neue Ideen, was ich mit ihnen unternehmen kann. 

Allgemein kann ich sagen, dass ich viel selbstbewusster geworden bin hier in Kenia. Am Anfang hat mich vieles schnell verwirrt, oder ich war sehr unsicher wie ich mich verhalten  soll, Vor allem als ich noch in Nairobi gelebt habe am Anfang. Dadurch dass ich mich jetzt ein Jahr lang alleine durchgekämpft habe bin ich sehr viel selbstständiger geworden und kann mit fast jeder Situation umgehen, ohne dass sie mich erst einmal einschüchtert. Dass diese Erfahrung des „alleine-schaffens“  so intensiv für mich war lag bestimmt daran, dass ich in einem kleinen Dorf lebe hier und doch mit der ein oder anderen schwierigen Situation konfrontiert war, die den Freiwilligen in den Städten so nicht begegnen. Ich habe aber jede Hürde im Nachhinein positiv wahrgenommen und etwas daraus gelernt.


Ich denke, dass es in ländlichen Gegenden sehr hilfreich ist, wenn man zu zweit ist als Freiwillige. Ich war alleine und kam mir doch manchmal sehr einsam vor. Das Problem ist, dass die Leute in meinem Alter fast alle in die größeren Städte gezogen sind für ihre Ausbildung, das Studium oder die weiterführende Schule. Deshalb gab es in meinem Dorf nur ältere Menschen und kleine Kinder. Es war somit für mich schwer soziale Kontakte in meinem Alter zu knüpfen. Ich habe wunderbare Menschen getroffen, mit denen ich mich viel Unterhalten habe, aber leider nur selten unter 40. Dieser Kontakt mit gleichaltrigen hat mir manchmal sehr gefehlt, vor allem am Anfang. 

Ich liebe aber mein Projekt und mein Dorf und die Menschen hier. Die wunderbarste Zeit in Kenia hatte ich eindeutig immer mit den Kids im Projekt. 

Als ich im Dezember 2012 erfahren habe, dass ich ein Jahr nach Kenia darf habe ich angefangen mich auf das Jahr hier vorzubereiten. Ich habe Reiseführer und Berichte gelesen und mir versucht vorzustellen, wie es hier wohl ist. Erwartungen habe ich aber immer versucht, möglichst klein zu halten. Rückblickend muss ich sagen, dass nichts wirklich auf die Realität vorbereitet. Man kann sich Kenia nicht vorstellen, wenn man nicht hier gewesen ist. Diese wunderbaren Begegnungen die ich hier machen durfte sind so wertvoll und lassen sich nicht beschreiben. Ich bin froh, dass ich keine genauen Erwartungen an mein Jahr hier hatte, denn ich habe gelernt, dass es nie so kommt wie man denkt. Auch wenn die Zeit hier für mich manchmal nicht so gelaufen ist, wie ich es mir gewünscht hätte, hätte die Zeit hier nicht besser sein können. Gerade die schweren Situationen haben mich geprägt und mir gezeigt, was ich schaffen kann wenn ich an mein Ziel glaube. Jede Schwierigkeit und jeder Konflikt haben sich im Nachhinein als positiv bewiesen.

Der Umgang mit dem Team in meinem Projekt war sehr gut. Ich habe mich von Anfang an wohl gefühlt. Zu Beginn habe ich mich zwar manchmal etwas isoliert gefühlt, da ich Kiswahili noch nicht so gut verstanden habe und die Care-taker hier wenig Englisch sprechen, aber je besser mein Kiswahili wurde, je mehr ich verstanden habe, desto besser integriert habe ich mich gefühlt.

Leider werden die Kinder in meinem Projekt noch geschlagen, was mir am Anfang sehr viel Kopfzerbrechen bereitet hat und jedes mal wenn es vor meinen Augen passiert ist habe ich mich sehr schlecht gefühlt. Aber durch Gespräche ist mir bewusst geworden, dass ich das hier und jetzt nicht ändern kann und darf. Es ist noch in der Kultur Kenias verankert, dass die Kinder zur Strafe geschlagen werden, und man muss sich bewusst machen, dass das selbst in Deutschland vor gar nicht so langer Zeit auch noch praktiziert wurde. Ich habe mit den care-takern gesprochen und meinen Standpunkt klar gemacht, und sie haben mir gesagt, wie sie das sehen. Ich merke, dass sich das hier langsam ändern wird, aber diese Entwicklung braucht eben auch ihre Zeit.  Dadurch dass ich die Kinder natürlich nicht geschlagen habe, und andere Bestrafungs-methoden hatte, habe ich einen anderen möglichen Weg aufgezeigt. Vielleicht schauen sie sich das irgendwann durch die Freiwilligen ab und versuchen es auch mal ohne Schlagen.

Ich weiß nicht wie sehr ich etwas in meinem Projekt hier verändert habe. Ich glaube nicht, dass es die großen Handlungen sind, die man hier aufzählen müsste. Ich denke dass ich mich dadurch ganz besonders eingebracht habe, dass ich einfach für die Kinder da war. Ich bin eine Stütze und eine Vertrauensperson geworden, zu der die Kinder mit Problemen kommen können. Ich als Freiwillige im Happy Home bin da für die Kinder und ich bin diejenige die sich mit ihnen Beschäftigt und Spaß in den Alltag bringt. 

Ich habe in meinem Jahr in Kenia hier sehr viel gelernt, über die Kultur, die Menschen, ihre Religion, und ihre Einstellung zum Leben, aber ich habe auch sehr viel über mich selbst gelernt und eine andere Sichtweise zu vielen Dingen entwickelt. Ich bin unendlich dankbar, dass diese Zeit in Kenia hier möglich war und ich werde auf jeden Fall wiederkommen!


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