Abschlussbericht für mein Jahr in
Kenia im Happy Home Orphanage in Stella
Jetzt
nach etwas mehr als 11 Monaten hier im wunderschönen Kenia ist es schon an der
Zeit meinen Abschlussbericht zu schreiben. Denn ich habe tatsächlich nur noch 3
verbleibende Wochen hier in Kenia und in meinem Projekt. Es kommt mir so vor,
als hätte ich gerade erst den 6-Monats-Bericht geschrieben, dabei ist das schon
über 5 Monate her. Wo ist die Zeit hin? Das zeigt natürlich, wie sehr es mir
hier in Kenia und in meinem Projekt gefällt. Die Zeit vergeht einfach wie im
Flug seit ich mich hier so eingewöhnt habe, dass alles Alltag und gewohnt ist.
In
den ersten Monaten hat es sich immer sehr surreal angefühlt, wenn mir bewusst
wurde, dass ich so weit weg bin von Deutschland und konnte es nicht so richtig
glauben, dass ich wirklich in Kenia bin. Über ein Jahr hatte ich mich darauf
vorbereitet und mich auf die Ausreise gefreut, und dann war ich plötzlich hier.
Mittlerweile ist das natürlich nicht mehr so. Es fühlt sich völlig normal an
hier in Kenia zu wohnen und ich fühle mich hier sehr zu Hause. Dinge die mir am
Anfang ungewohnt waren, sind für mich jetzt Routine und normal. Vieles fällt
mir gar nicht mehr auf oder ich mache es automatisch auch schon so wie die
Kenianer. Am Anfang war zum Beispiel das Handeln um die Preise für mich sehr
ungewohnt. Mittlerweile kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich in
Deutschland dann nicht handeln soll.
In
meinem Projekt habe ich mich sehr gut eingelebt. Es ist ein Waisenhaus in einem
kleinen, ländlich gelegenen Dorf an der tansanianischen Grenze. Im Moment leben
hier 28 Kinder und 7 Kinder sind auf der Secondary School und deshalb nur in
den Ferien hier. Als ich hier ankam wurde mir nicht wirklich gesagt, was meine
Aufgaben sind, ich sollte sie mir selbst suchen. Da die Kinder unter der Woche
in der Schule sind, gibt es im Heim also im Projekt nicht viel zu tun tagsüber.
Deshalb habe ich beschlossen, dass ich auch in der Schule der Kinder unterrichten
könnte, die ganz in der Nähe ist. Am Wochenende ist natürlich dafür umso mehr
los, da alle Kinder zu Hause sind. Da ich im Projekt wohne bin ich rund um die
Uhr hier und kann die Kinder ganz besonders gut in ihrem Leben begleiten. Dass
ich dadurch eine 7-Tage-Woche habe, hat mich nicht gestört. Es ist einfach
schwer, sich Freiraum zu schaffen, wenn man im Projekt wohnt.
Mein
Arbeitstag sah unter der Woche also so aus, dass ich immer um 6 Uhr aufgestanden
bin, um den Kindern bei ihrer morgendlichen Arbeit zu helfen. Um sieben Uhr
gehen die Kinder dann zur Schule. Bei mir hat sie immer ein bisschen später
angefangen, da sie erste Stunde nur Vorbereitung ist. Dann habe ich im Projekt
geholfen das Gemüse fürs Mittagessen vorzubereiten und später dann zu Kochen und die Arbeiten zu erledigen, die eben
anstanden.
Um 12:40 Uhr kommen die Kids dann zurück ins Happy Home um Mittag zu
Essen. Somit hatte ich dann immer dafür zu Sorgen, dass das Essen gerecht
verteilt wurde, alle ihr Essen auch wirklich essen und dann richtig abgespült
wurde. Um 14 Uhr gehen die Kids dann zurück zum Unterricht und kommen um 17 Uhr
wieder zurück. Eigentlich beginnt dann die Arbeit des Freiwilligen in diesem
Projekt erst richtig, aber da mir das nicht genug war, habe ich eben in der Schule angefangen zu assistieren.
Wenn
die Kinder aus der Schule zurückkommen müssen sie erst mal ihre Wäsche waschen,
Wasser vom Brunnen holen und sich auf den nächsten Tag vorbereiten. Um halb
sieben gibt es dann Abendessen, wobei mir wieder die gleichen Aufgaben wie beim
Mittagessen zuteil werden. Danach sind 2 Stunden Vorbereitungs- und
Hausaufgaben Zeit. Ich unterstütze die Kinder bei Fragen und helfe ihnen vor
allem bei den Mathe Aufgaben. Um neun wird dann noch gebetet und gesungen und
dann gehen die Kinder ins Bett.
Meine
Hauptaufgaben im Happy Home sind also
das Betreuen der Kinder und das Begleiten in den alltäglichen Aufgaben.
Außerdem helfe ich bei den Aufgaben die im Projekt anfallen während die Kinder
nicht da sind und beim Kochen. Am meisten freue ich mich aber immer auf die
Wochenenden, da ich dann viel Kreatives mit den Kindern machen kann. Wir
basteln, spielen, singen, tanzen, malen und gehen auf naturewalks. Ich freue
mich, dass ich am Wochenende immer einen Ausgleich in den Alltag der Kinder
bringen kann, der sonst sehr vom Lernen geprägt ist. Auch habe ich mit den
Kindern ein Perlen Projekt angefangen, wir knüpfen Perlenarmbänder, was die
Kinder einerseits geistig fordert, andererseits aber auch einfach die
Geschicklichkeit fördert und für Entspannung sorgt.
Im
Happy Home muss man eigene Ideen einbringen sonst kann es unter Umständen recht
langweilig werden.
Als
ich im Projekt ankam war ich sehr unsicher und noch recht schüchtern. Das hat
sich aber ganz schnell gelegt, ich bin jetzt sehr selbstbewusst im Umgang mit
den Kindern und finde immer neue Ideen, was ich mit ihnen unternehmen kann.
Allgemein
kann ich sagen, dass ich viel selbstbewusster geworden bin hier in Kenia. Am
Anfang hat mich vieles schnell verwirrt, oder ich war sehr unsicher wie ich
mich verhalten soll, Vor allem als ich
noch in Nairobi gelebt habe am Anfang. Dadurch dass ich mich jetzt ein Jahr
lang alleine durchgekämpft habe bin ich sehr viel selbstständiger geworden und
kann mit fast jeder Situation umgehen, ohne dass sie mich erst einmal
einschüchtert. Dass diese Erfahrung des „alleine-schaffens“ so intensiv für mich war lag bestimmt daran,
dass ich in einem kleinen Dorf lebe hier und doch mit der ein oder anderen
schwierigen Situation konfrontiert war, die den Freiwilligen in den Städten so
nicht begegnen. Ich habe aber jede Hürde im Nachhinein positiv wahrgenommen und
etwas daraus gelernt.
Ich
denke, dass es in ländlichen Gegenden sehr hilfreich ist, wenn man zu zweit ist
als Freiwillige. Ich war alleine und kam mir doch manchmal sehr einsam vor. Das
Problem ist, dass die Leute in meinem Alter fast alle in die größeren Städte
gezogen sind für ihre Ausbildung, das Studium oder die weiterführende Schule.
Deshalb gab es in meinem Dorf nur ältere Menschen und kleine Kinder. Es war
somit für mich schwer soziale Kontakte in meinem Alter zu knüpfen. Ich habe
wunderbare Menschen getroffen, mit denen ich mich viel Unterhalten habe, aber
leider nur selten unter 40. Dieser Kontakt mit gleichaltrigen hat mir manchmal
sehr gefehlt, vor allem am Anfang.
Ich
liebe aber mein Projekt und mein Dorf und die Menschen hier. Die wunderbarste
Zeit in Kenia hatte ich eindeutig immer mit den Kids im Projekt.
Als
ich im Dezember 2012 erfahren habe, dass ich ein Jahr nach Kenia darf habe ich
angefangen mich auf das Jahr hier vorzubereiten. Ich habe Reiseführer und
Berichte gelesen und mir versucht vorzustellen, wie es hier wohl ist.
Erwartungen habe ich aber immer versucht, möglichst klein zu halten.
Rückblickend muss ich sagen, dass nichts wirklich auf die Realität vorbereitet.
Man kann sich Kenia nicht vorstellen, wenn man nicht hier gewesen ist. Diese
wunderbaren Begegnungen die ich hier machen durfte sind so wertvoll und lassen
sich nicht beschreiben. Ich bin froh, dass ich keine genauen Erwartungen an
mein Jahr hier hatte, denn ich habe gelernt, dass es nie so kommt wie man
denkt. Auch wenn die Zeit hier für mich manchmal nicht so gelaufen ist, wie ich
es mir gewünscht hätte, hätte die Zeit hier nicht besser sein können. Gerade
die schweren Situationen haben mich geprägt und mir gezeigt, was ich schaffen
kann wenn ich an mein Ziel glaube. Jede Schwierigkeit und jeder Konflikt haben
sich im Nachhinein als positiv bewiesen.
Der
Umgang mit dem Team in meinem Projekt war sehr gut. Ich habe mich von Anfang an
wohl gefühlt. Zu Beginn habe ich mich zwar manchmal etwas isoliert gefühlt, da
ich Kiswahili noch nicht so gut verstanden habe und die Care-taker hier wenig Englisch
sprechen, aber je besser mein Kiswahili wurde, je mehr ich verstanden habe,
desto besser integriert habe ich mich gefühlt.
Leider werden die Kinder in meinem Projekt noch geschlagen, was mir am Anfang sehr viel Kopfzerbrechen bereitet hat und jedes mal wenn es vor meinen Augen passiert ist habe ich mich sehr schlecht gefühlt. Aber durch Gespräche ist mir bewusst geworden, dass ich das hier und jetzt nicht ändern kann und darf. Es ist noch in der Kultur Kenias verankert, dass die Kinder zur Strafe geschlagen werden, und man muss sich bewusst machen, dass das selbst in Deutschland vor gar nicht so langer Zeit auch noch praktiziert wurde. Ich habe mit den care-takern gesprochen und meinen Standpunkt klar gemacht, und sie haben mir gesagt, wie sie das sehen. Ich merke, dass sich das hier langsam ändern wird, aber diese Entwicklung braucht eben auch ihre Zeit. Dadurch dass ich die Kinder natürlich nicht geschlagen habe, und andere Bestrafungs-methoden hatte, habe ich einen anderen möglichen Weg aufgezeigt. Vielleicht schauen sie sich das irgendwann durch die Freiwilligen ab und versuchen es auch mal ohne Schlagen.
Ich
weiß nicht wie sehr ich etwas in meinem Projekt hier verändert habe. Ich glaube
nicht, dass es die großen Handlungen sind, die man hier aufzählen müsste. Ich
denke dass ich mich dadurch ganz besonders eingebracht
habe, dass ich einfach für die Kinder da war. Ich bin eine Stütze und eine
Vertrauensperson geworden, zu der die Kinder mit Problemen kommen können. Ich
als Freiwillige im Happy Home bin da für die Kinder und ich bin diejenige die
sich mit ihnen Beschäftigt und Spaß in den Alltag bringt.
Ich
habe in meinem Jahr in Kenia hier sehr viel gelernt, über die Kultur, die
Menschen, ihre Religion, und ihre Einstellung zum Leben, aber ich habe auch
sehr viel über mich selbst gelernt und eine andere Sichtweise zu vielen Dingen
entwickelt. Ich bin unendlich dankbar, dass diese Zeit in Kenia hier möglich
war und ich werde auf jeden Fall wiederkommen!
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