Es kommt mir vor als wäre es gestern gewesen,
dass ich den 3-Monats Bericht für weltwärts geschrieben habe. Dabei ist es
jetzt schon wieder 3 Monate her. Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht. Es
kommt mir sogar fast so vor, als wäre ich gerade erst angekommen in Kenia.
Auf der einen Seite habe ich das Gefühl, dass
ich schon ewig hier bin, dass ich schon total viel über Kenia gelernt habe,
viel weiß und mich nichts mehr überraschen kann, aber auf der anderen Seite ist
die Zeit wie im Flug vergangen und jetzt ist schon Halbzeit.
Die Zeit läuft ab jetzt rückwärts, ich werde
nie wieder so viel Zeit in Kenia vor mir haben, wie ich schon hinter mir habe.
Eine erschreckende Erkenntnis. Seit dem letzten Bericht ist einiges passiert.
Ich bin nun vollkommen in meinem Projekt angekommen. Ich liebe die Arbeit mit
den Kindern und meinen Kollegen im Kinderheim. Es macht mir jeden Tag eine
unglaubliche Freude, mit Kinderstimmen aufzuwachen und erst wieder ins Bett zu
gehen wenn sie langsam verklingen.
Ich habe jetzt auch angefangen in der Schule
der Kinder zu arbeiten, es gab anfangs eine etwas größere Verwirrung, was
Arbeitszeiten anging und was von mir erwartet wurde, doch durch Gespräche
konnte ich klar machen, dass mein Hauptprojekt das Kinderheim ist, und dass ich
in der Schule nur assistieren möchte. Außerdem musste ich erst einmal erklären,
dass ich keine ausgebildete Lehrerin bin und 8. Klässler, die auf ihre
Abschlussexamen vorbereitet werden müssen, nicht in Mathe und Physik
unterrichten kann. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich meinen Platz in
der Schule gefunden habe, aber diese Herausforderung macht mir Spaß.
Das ist sowieso ein Problem, auf das ich hier
schon öfter gestoßen bin, dass man zu viel von mir erwartet. Dass man denkt,
ich wüsste über alles bescheid. Ich muss dadurch immer öfter erklären, dass ich
einfach nur eine Freiwillige bin, ohne Berufserfahrung, ohne Ausbildung, die
gerade erst selbst die Schule beendet
hat.
Ansonsten begegne ich aber immer weniger
Konflikten, ich kann die meisten Situationen mittlerweile einschätzen und weiß
wie ich mit Heiratsanträgen, Geldbitten und kleinen Vorurteilen umgehen muss,
und wie man effektiv handelt.
Die meiste Zeit kann ich mit den Kindern am
Wochenende verbringen, da sie dann nicht in der Schule sind. Da ich jetzt aber
auch an drei Tagen selbst in der Schule arbeite, kann ich auch unter der Woche
viel Zeit mit ihnen verbringen. Ansonsten helfe ich viel bei der „manuelwork“
im Projekt, und beim Kochen. Am Wochenende kann ich dann mit den Kindern
spielen, wir gehen auf „naturewalks“ oder zusammen in die Kirche. Ich habe
einfach viel Zeit, mich mit ihnen zu beschäftigen, ihnen bei ihren Arbeiten zu
helfen oder bei den Hausaufgaben.
Was mich total freut ist, dass mir alles hier
mittlerweile einfach absolut normal vorkommt. Ich denke über meinen Alltag kaum
noch nach. Ich weiß, wann ich was zu tun habe, wann ich wo helfen kann und wo
meine Hilfe gebraucht wird, auch wenn man es mir nicht sagt.
Gerade in den letzten Wochen habe ich meine
Zeit hier neu zu schätzen gelernt. Wir Kenia-Freiwilligen hatten ein
Visums-Problem und wurden auch mit einem möglichen Ende unseres
Freiwilligendienstes konfrontiert. Die Zeit des Abwartens, ob wir wohl bleiben
dürfen, oder nicht, war sehr quälend, aber dadurch wurde mir sehr positiv
bewusst, wie viel mir dieses Jahr hier wert ist.
Ich habe mir die vergangenen
sechs Monate sehr oft ins Gedächtnis gerufen und mir Bilder vom Anfang
angeschaut. Ich kann jetzt schon sehen, dass ich mich verändert habe, dass ich
viele Dinge ganz anders betrachte als am Anfang und vieles viel mehr zu
schätzen weiß. Nicht nur das, was ich hier habe, sondern auch Dinge, die ich in
Deutschland habe und hier eben nicht. Ich habe wahnsinnig viel über mich herausgefunden
in diesen vergangenen sechs Monaten und denke, dass ich wenn ich in sechs
Monaten nach Hause fahren werde, sehr reich an Erfahrungen sein werde. Dieses
Visums-Problem hat mir gezeigt, dass es genau die richtige Entscheidung war,
ein ganzes Jahr ins Ausland zu gehen.
Das midterm camp liegt auch schon hinter uns,
es war sehr interessant, noch einmal in derselben Konstellation zu sein wie am
Anfang bei der Ankunft. Jeder konnte seine Erfahrungen, Probleme, Konflikte und
Erfolge in der Gruppe beitragen, und es war toll zu sehen, dass jeder einmal
alles erfahren hat, egal in welchem Teil Kenia und welchem Projekt er sich
befunden hat.
In der letzten Woche wurden unsere Form 1
Schüler aus dem Heim in ihre neuen Internate gebracht, damit sie dort in die
High-School können. Es war schon schwer, sie jeweils alleine in der Schule zurück zu lassen, und
zu wissen, dass man sie jetzt länger nicht mehr sieht. Sie sind mir in meiner
Zeit hier im Happy Home sehr ans Herz gewachsen. Aber es war auch schön, sie so
stolz in ihren neuen Uniformen zu sehen.
Ich schaue sehr positiv gestimmt auf die
nächsten sechs Monate hier in Kenia. Ich habe noch einmal die gleiche Zeit vor
mir, wie ich sie jetzt schon hier hatte, aber habe es im Gefühl, dass sie viel
zu schnell vergehen wird.
Am Ende kann ich dann hoffentlich auf ein
wunderschönes Jahr, mit vielen positiven Erfahrungen zurück blicken und kann
sagen, dass ich auch die schweren Zeiten gut überwunden habe. Wenn ich meine
jetzige Situation hier in Kenia betrachte, dann mache ich mir darüber aber
keine Sorgen!
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